Wir leben in einer sichtbaren Welt. Doch die Formen dieser Sichtbarkeit haben sich in den letzten zwei Jahrhunderten erheblich vermehrt. Die vielgestaltigen Einflüsse visueller Medien dominieren unsere Begegnungen mit der Welt. Wirklich ist nur, was wir sehen können, auf Fotos und Reklametafeln, in kurzen oder längeren Filmen, mit Hilfe verschiedenster Geräte, von Fotoapparaten bis zu Filmkameras und Kopiermaschinen, Fernsehern, Computern, Laptops und Smartphones. Was sich nicht zeigt, was wir nicht sehen können, scheint gleichsam seine Existenz einzubüßen. Was und wie sehen aber Menschen, die nicht sehen können, weil sie im Laufe ihres Lebens – wie John Martin Hull und Jorge Luis Borges – oder schon in früher Kindheit – wie Helen Keller und Jacques Lusseyran – ihr Augenlicht verloren haben? Welche Ästhetik der Berührungen, der Hände, des Hörens, der Farben, Träume und Bilder bewegt ihr Leben? Im Studium der Berichte und Zeugnisse dieser Menschen, aber auch mancher Mythen, Offenbarungen und philosophischen Ideen – von Pascal bis Wittgenstein – werden die Umrisse einer Ästhetik des Nichtsehens, nicht zuletzt in den Holzschnitten von Christian Thanhäuser, skizziert.
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Autor
Thomas Macho, geboren 1952, forschte und lehrte von 1993 bis 2016 als Professor für Kulturgeschichte am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. 1976 wurde er an der Universität Wien mit einer Dissertation zur Musikphilosophie promoviert; 1984 habilitierte er sich für das Fach Philosophie an der Universität Klagenfurt mit einer Habilitationsschrift über Todesmetaphern. Seit 2016 leitet er das Internationale Forschungsinstitut Kulturwissenschaften (IFK) der Kunstuniversität Linz in Wien. 2019 wurde er mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet, 2020 mit dem österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik.
Klebebindung
125 × 200 mm
Mit sieben Fichtenholzschnitten von Christian Thanhäuser.
978-3-903409-04-0
2022
96
László Márton
Stephan Grotz